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Urteil - Arbeitsrecht

Zeugenbenennung in Abmahnung erforderlich?

Ein abgemahnter Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Für eine ausreichende inhaltliche Bestimmtheit der in einer Abmahnung erhobenen Vorwürfe müssen die Angaben dem Kenntnisstand des Arbeitgebers entsprechen, wozu auch die Benennung von Zeugen gehören kann.

Dies hat das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf in einem Urteil vom 12.01.2024, Az.: 7 Ca 1347/23 entschieden.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war seit dem 01.10.2023 als „Bürosachbearbeiter-Asylverfahren Sekretariat“ bei einer obersten Bundesbehörde unter anderem zuständig für die schriftliche und persönliche Antragsannahme sowie die Aktenanlage im Asylverfahren beschäftigt. Der Arbeitgeber mahnte den Kläger am 22.02.2023 unter anderem wie folgt schriftlich ab:

„Im November 2022 haben Sie sich gegenüber Ihren Arbeitskollegen des Bundesamtes in der Dienststelle J. unangemessen über Asylantragstellende aus Afghanistan geäußert. Im Rahmen eines Gespräches über eine Afghanistan-Dokumentation des Kabelsenders A. äußerten Sie, dass Sie diese Dokumentation gesehen haben und berichteten über deren Inhalt. Dabei beschrieben Sie die aus Afghanistan geflüchteten Personen als „Staatsverräter“. Des Weiteren haben Sie sich im Zusammenhang mit einer am 15.12.2022 stattgefundenen Weihnachtsfeier unangemessen über eine Referentin geäußert. Nach Stattfinden der Weihnachtsfeier teilten Sie einer Mitarbeiterin Ihres Referates auf Nachfrage, ob Sie der zuständigen Referentin beim Tragen von Tischen geholfen haben, Folgendes mit: „Was will die Kopftuch-Tussi von mir. Ich trage doch jetzt keine Tische für die.“ … Wenige Tage vor der Weihnachtsfeier am 15.12.2022 äußerten Sie in diesem Zusammenhang gegenüber einem Mitarbeiter Folgendes: „Man sollte am besten eine Blendgranate in die Räumlichkeiten der Weihnachtsfeier schmeißen und die Türe schließen.“

Bei einer mündlichen Anhörung hatte der Mitarbeiter die erhobenen Vorwürfe bestritten und behauptet, keine der vorgeworfenen Äußerungen getätigt zu haben. Auf die Frage des Klägers, weshalb keine Namen derjenigen Mitarbeitenden, die die Vorwürfe an die Personalbetreuung herangetragen hätten, genannt wurden, äußerte die Personalreferentin, dass die Mitarbeitenden eingeschüchtert seien und sich lediglich vertraulich an die Vorgesetzten sowie die Personalbetreuung gewandt hätten.

Die Entscheidung:

Das Arbeitsgericht gab der Klage auf Entfernung der Abmahnung statt mit dem Hinweis, dass die Abmahnung inhaltlich unbestimmt sei. In einer Abmahnung müsse die Darstellung des Fehlverhaltens derart genau erfolgen, dass der Arbeitnehmer sowohl den Sachverhalt als auch die Pflichtwidrigkeit und dessen Gründe nachvollziehen könne.

Der Inhalt der Abmahnung müsse dabei dem Kenntnisstand des Arbeitgebers entsprechen, sodass dieser für die hinreichende Bestimmtheit der Abmahnung ihm bekannte Zeugen auch benennen müsse. Nur durch Nennung der Zeugen sei dem Arbeitnehmer eine angemessene Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Vorwürfe möglich. Insbesondere stehe dem Arbeitgeber kein Recht zu, die Benennung der Zeugen zu deren Schutz aus Gründen der innerbetrieblichen Konfliktvermeidung zu verweigern. Einen etwaigen Konflikt zwischen dem abgemahnten Arbeitnehmer und den als Zeugen benannten Arbeitnehmern habe der Arbeitgeber hinzunehmen.

Bewertung:

Das Arbeitsgericht sah in seinem Urteil keine Gefährdung der Zeugen durch ihre konkrete Benennung. Vor allem in Über- und Unterordnungsverhältnissen dürfte aber durchaus die Sorge vor Repressalien eines kritisierten Vorgesetzten bestehen, sodass man gespannt sein darf, inwieweit etwa ein Berufungsgericht der Auffassung des Arbeitsgerichtes Düsseldorf hier folgt.

Nicht nachvollziehbar war, warum der Arbeitgeber bei dem geschilderten Sachverhalt überhaupt eine Abmahnung ausgesprochen hatte, hier hätte eher eine fristlose Kündigung nahegelegen. Der Arbeitgeber hatte im Prozess – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – die Schwere der Vorwürfe auch nicht durch Zeugenbeweis zu belegen versucht, was ggf. ausreichend gewesen wäre.

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