Hohe Risiken einer Scheinselbstständigkeit bei VHS-Dozenten
Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre. Dies hat am 5. November 2024 der 12. Senat des Bundessozialgerichts entschieden (Aktenzeichen B 12 BA 3/23 R).
Die Entscheidung:
In den ersten beiden Instanzen konnte sich die VHS mit Ihrer Argumentation, es sei eine selbstständige Tätigkeit vereinbart worden, durchsetzen. Das Landessozialgericht wies darauf hin, für die Zeit vor Juni 2022 habe es eine maßgebliche höchstrichterliche “Sonderrechtsprechung“ gegeben, nach der lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbstständige Tätigkeiten zu beurteilen gewesen seien (insbesondere Urteil vom 12. Februar 2004, Aktenzeichen B 12 KR 26/02 R). Erst durch das Urteil vom 28. Juni 2022 (Aktenzeichen B 12 R 3/20 R – sogenanntes Herrenberg-Urteil, vgl. hierzu auch meine Besprechung unter Aktuelles) sei eine Änderung eingetreten. Auf davor liegende Zeiträume seien die vermeintlich geänderten Grundsätze nicht übertragbar. Der VHS sei insoweit Vertrauensschutz zuzubilligen.
Dem hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) widersprochen und das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben. Es sah den Studenten nach den maßgeblichen Verhältnissen des Einzelfalls jedenfalls in der Zeit vom 7. August 2017 bis zum 22. Juni 2018 als versicherungspflichtig beschäftigt und damit nicht als selbstständig an. Hinsichtlich der späteren Zeiträume hat der Senat die Sache zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Landessozialgericht zurückverwiesen.