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Urteil - Arbeitsrecht

Diskriminierung von Teilzeitkräften bei der Gewährung von Überstundenzuschlägen

Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die Überstundenzuschläge für Teilzeitkräfte nur für Arbeitsstunden vorsieht, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten hinaus geleistet haben, stellt eine unzulässige Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten im Sinne von § 4 Nr. 1 und 2 des Anhangs zur Richtlinie 97/81/EG dar. Darin liegt zudem eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil vom 29.07.2024 (Az.: C-184/22) entschieden. Das Bundesarbeitsgericht, das dem EuGH diese Frage vorgelegt hatte, hat sich dieser Auffassung mit Urteil vom 05.12.2024 (8 AZR 370/20) angeschlossen.

Der Sachverhalt:

In der Sache ging es um einen bundesweit geltenden Firmentarifvertrag, der die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten auf 38,5 Stunden festsetzte. Zuschläge für Überstunden in Höhe von 30 % wurden danach nur für „Überstunden, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden“, gewährt.

Die in Teilzeit beschäftigte Klägerin machte Überstundenzuschläge für jede geleistete Überstunde geltend, die über ihre vertragliche Arbeitszeit hinausging und zugleich eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzgesetz (AGG) wegen unzulässiger Diskriminierung.

Die Entscheidung:

Der EuGH bestätigte sowohl die unzulässige schlechtere Behandlung von Teilzeitkräften als auch die mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes.

Mit dieser Entscheidung schafft der EuGH Klarheit in einer bis dahin ebenso umstrittenen wie rechtlich relevanten Rechtsfrage. Solche Regelungen wie die hier vom EuGH behandelte enthalten sehr viele Tarifverträge.

Bewertung:

Die Entscheidung ist letztlich wenig überraschend und war so zu erwarten. Der EuGH stellt dabei allerdings klar, dass die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten davon abhängt, welches Ziel die Tarifvertragsparteien mit einer Überstundenregelung verfolgten. So sei durchaus denkbar, dass eine sinnvolle Rechtfertigung einen ausreichenden sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten darstellen könnte.

Das Bundesarbeitsgericht, das dem EuGH diese Frage vorgelegt hatte, schloss sich mit Urteil vom 05.12.2024 dieser Entscheidung an und erkannte laut der vorliegenden Pressemitteilung keine ausreichende Differenzierung zwischen Teil- und Vollzeitkräften in der tariflichen Regelung, die zwischen ver.di und einem ambulanten Dialyseanbieter abgeschlossen worden war.

In einzelnen Tarifbereichen wurden die Zuschlagsregelungen bereits angepasst. Soweit dies nicht der Fall ist, schlummert hier für die Arbeitgeberseite ein nicht unerhebliches Risiko. Es drohen nicht nur Nachzahlungen von Zuschlägen, sondern auch Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Bundesarbeitsgericht hielt vorliegend allerdings eine Entschädigungszahlung von EUR 250,- für ausreichend.

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