Arbeitsunfähigkeit nach Kündigung, Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist dann erschüttert, wenn nach Maßgabe eines verständigen Arbeitgebers belastbare Tatsachen vorhanden sind, die erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers belegen.
So das LAG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 8.2.2023 – 3 Sa 135/22.
Die Entscheidung:
Dies hielt das LAG Mecklenburg- Vorpommern allerdings nicht für ausreichend:
Zwar sei anerkannt, dass der Arbeitgeber den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dadurch erschüttern könne, dass er Tatsachen darlege und im Streitfall beweise, die ernsthafte Zweifel an einer Erkrankung des Mitarbeiters ergeben würden.
Solche Zweifel sah das LAG vorliegend aber nicht als hinreichend festgestellt. Hierfür müssten nämlich nach Maßgabe eines verständigen Arbeitgebers objektiv greifbare Tatsachen festgestellt und ggf. bewiesen werden, die erheblichen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen würden. Es reiche in der Regel nicht aus, wenn die Sachverhalte – wie vorliegend – objektiv mehrdeutig und plausibel erklärbar seien (hier: Eindruck eines leergeräumten Büros, Zurücklassen von Büroschlüsseln, Ende der Arbeitsunfähigkeit bis zum Ablauf am 31.03.2022, einem Donnerstag).
Der Arbeitnehmer hatte im Prozess vortragen lassen, dass er auf eine Ausstattung seines Arbeitsplatzes mit persönlichen Gegenständen verzichtet hatte, da sein Büro auch von anderen Personen ohne sein Beisein benutzt werden konnte. Im Hinblick auf die zurückgelassenen Schlüssel hatte der Mitarbeiter vorgetragen, dass er diese wohl vergessen habe. Auch die Tatsache, dass die Arbeitsunfähigkeit bis zu einem Donnerstag reichte, begründete aus Sicht des Landesarbeitsgerichts keine ernsthaften Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Zwar sei dem Arbeitgeber insoweit zuzugeben, dass in der Regel mehrtägige bzw. mehrwöchige Krankschreibungen jeweils freitags endeten. Vorliegend sei jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass es aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers plausibel erscheine, dass ein Arbeitnehmer im Falle des Beginns eines neuen Arbeitsverhältnisses auf eine Verkürzung des Krankheitszeitraums gegenüber seinem Arzt dränge, um den Bestand des neuen Arbeitsverhältnisses nicht von vorne rein zu gefährden.