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Urteil - Arbeitsrecht

Wirksamkeit einer Vereinbarung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten

Eine Rückzahlungsklausel in einem Fortbildungsvertrag ist nur dann zulässig, wenn die Fortbildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer von entgeltwertem Vorteil ist, sei es, dass bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllt sind oder dass sich die erworbenen Kenntnisse auch anderweitig nutzbar machen lassen. So das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen in einem Urteil vom 28.06.2023, Az.: 1 Sa 163/22.

Der Sachverhalt:

Der Arbeitgeber, der ein Krankenhaus betrieb, vereinbarte mit einer ungelernten Pflegehilfskraft eine Weiterbildungsmaßnahme zum Gesundheits- und Krankenpflegehelfer über den Zeitraum von einem Jahr. Die Kosten der gesamten Weiterbildung wurden dem Mitarbeiter im Detail mitgeteilt. Wie üblich hatte der Arbeitgeber ein Interesse daran, dass die Ergebnisse der Fortbildung auch ihm selber zugute kommen, sodass er einen Fortbildungsvertrag vereinbarte, der folgende Rückzahlungsklausel enthielt:

„Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die vom Arbeitgeber tatsächlich übernommenen Kosten an diesen zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen vom Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird. Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 1/24“.

Nach erfolgreicher Weiterbildungsmaßnahme kündigte der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ein halbes Jahr später zum 31.05.2021. Der Arbeitgeber verlangte daraufhin vom Mitarbeiter die Rückzahlung von Weiterbildungskosten in Höhe von knapp EUR 3.000,00.

Die Entscheidung:

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG gaben der Klage des Arbeitgebers auf anteilige Rückzahlung der Weiterbildungskosten statt.

Das LAG betonte zunächst, dass der Mitarbeiter durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erworben habe. Die Weiterbildung zum Gesundheits- und Krankenpflegehelfer habe ihm einen höheren Marktwert verschafft, der zunächst beim bisherigen Arbeitgeber zu einer höheren Vergütung geführt habe und überdies bei anderen Arbeitgebern auch zu besseren Berufschancen.

Die zwischen den Parteien vereinbarte Rückzahlungsklausel hielt das LAG für zulässig. Entscheidend sei, so das LAG, dass die Beendigung aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen erfolgen musste. Für diesen Fall könne ein Arbeitgeber zulässigerweise eine Rückzahlungsklausel vereinbaren.

Bewertung:

Die Fortbildung von Mitarbeitern wird in Zeiten des Arbeitskräftemangels immer bedeutsamer. Dem Arbeitgeber verschafft sie eine qualifiziertere Arbeitskraft, dem Beschäftigten häufig einen höheren Verdienst und bessere Berufschancen.

Bei der Gestaltung von Fortbildungsverträgen ist allerdings eine umfangreiche Rechtsprechung zu berücksichtigen, etwa zu folgenden Aspekten:

  • Zulässige Dauer der Bindung des Mitarbeiters an den Arbeitgeber
  • Konkreter Inhalt der Rückzahlungsklausel
  • Inhalt und Umfang der Kostenübersicht
  • Regelungen zum Abbruch der Bildungsmaßnahme bzw. bei Nichtbestehen der Prüfung etc.

In der Praxis scheitern viele Fortbildungsvereinbarungen an unzulässigen Rückzahlungsklauseln bzw. einer zu langen Bindungsdauer.

Insbesondere bei der zu vereinbarenden Bindungsdauer nach erfolgter Fortbildung bestehen arbeitgeberseits häufig viel zu optimistische Vorstellungen. Bei dieser Frage stellt die Rechtsprechung schwerpunktmäßig auf die Dauer der bezahlten Freistellung des Mitarbeiters ab. So ist etwa bei einer Fortbildungsdauer mit vollständiger Freistellung von weniger als einem Monat nur eine Bindungsdauer bis zu sechs Monaten zulässig. Diese mögliche Bindungsdauer erhöht sich dann sukzessive mit der Dauer der Fortbildung.

Hinsichtlich der Rückzahlungsklausel hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) etwa mit Urteil vom 01.03.2022 noch entschieden, dass die dort vom Arbeitgeber verwendete Rückzahlungsklausel unwirksam sei. Sie erfasste nämlich auch Fälle, in denen der Ausspruch einer Eigenkündigung des Mitarbeiters aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden Umständen erfolgte. Erfasse eine Rückzahlungsklausel aber etwa auch eine Eigenkündigung aus personenbedingten Gründen, sei sie insgesamt unwirksam.

Auch beim Abschluss von Darlehensverträgen zur Mitfinanzierung einer Fortbildung ist ggf. die Rechtsprechung zu Fortbildungsvereinbarungen zu beachten.

Vor Abschluss einer solchen Fortbildungsvereinbarung sollten Sie daher als Arbeitgeber immer rechtzeitig vorher rechtlichen Rat einholen. Arbeitnehmerseits gilt natürlich das Gleiche, soweit Sie mit einem Rückzahlungsverlangen des Arbeitgebers konfrontiert werden.

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